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Organisierte Kriminalität
 
Der Begriff der Organisierten Kriminalität (=OK) ist sehr vielschichtig, facettenreich und in seiner Gesamtheit in einer Definition schwer zu fassen. Die Definition in den gemeinsamen Richtlinien der Justiz- und der Innenminister der Länder über die Zusammenarbeit bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität von 1990, auf der auch die Lageberichte des Bundeskriminalamtes zur OK basieren, lautet:
„Organisierte Kriminalität ist die vom Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig
a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
c) unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.“
Wie sich durch diese Definition bereits andeutet handelt es sich bei den Tätern der OK nicht um als Einzelperson auftretende Intensivtäter, sondern um strategisch planende Tätergruppen, die überregional und auch international agieren. Über die Begriffsdefinition von OK hinaus beschreiben die gemeinsamen Richtlinien Erscheinungsformen und Indikatoren der OK sowie Grundlagen der Zusammenarbeit und Initiativermittlungen. Verschiedene Kriminalitätsformen und –bereiche können im Rahmen von OK eine Rolle spielen. Beispiele sind Rauschgifthandel und -schmuggel, Eigentumskriminalität, Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben, Steuer- und Zolldelikte, Schleuserkriminalität, Fälschungskriminalität, Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben, Gewaltkriminalität und Umweltkriminalität. Straftaten im Bereich des Terrorismus sind nicht erfasst, aber eine Vermischung der Personenkreise und die Ausnutzung bestehender Netzwerke in beide Richtungen ist nicht auszuschließen. Organisierte Kriminalität ist kein eigenständiger Straftatbestand. § 129 StGB bestraft jedoch die Bildung einer kriminellen Vereinigung, wobei die Strafzumessung nach Beteiligungsbedeutung erfolgt und bei Kooperation, im Sinne einer Verhinderung von Straftaten, eine Strafmilderung möglich ist. Im Rahmen von OK-Verfahren kommen auf Grund eines meist hohen Gefährdungspotenzials von Zeugen und der zumeist guten Netzwerkstrukturen Zeugenschutzmaßnahmen zum Tragen.
Mit der Bekämpfung von OK ist eine Vielzahl von staatlichen Stellen befasst. Diese sind zum Beispiel örtliche Kommissariate, die Landeskriminalämter und das Bundeskriminalamt, die Fachstaatsanwaltschaften und der Bundesnachrichtendienst sowie auf internationaler Ebene Interpol. Außerdem wurden in den letzten Jahren mehrere Gesetze im Zusammenhang mit der Verfolgung von OK erlassen. Zu nennen sind hier das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderen Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) von 1992, das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz) aus dem Jahr 1993, das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung und anderer Gesetze (Verbrechensbekämpfungsgesetz) von 1994, das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption 1997 und das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OKVBG) aus dem Jahre 1998. Laut Lagebericht des BKA wurden 2009 in Deutschland 579 OK-Verfahren bearbeitet und eine Schadenssumme von etwa 1,37 Milliarden Euro gemeldet. Dieser hohe Schaden, zusammen mit einem in diesem Bericht geschätzten Gewinn für kriminelle Organisationen von 903 Millionen Euro, macht die Bedeutung dieses Kriminalitätsfeldes deutlich. Dies zeigt auch das Potenzial für Vermögenssicherung und Abschöpfung bei OK. Die Täterstruktur bei OK ist international und in Deutschland hauptsächlich durch Deutsche, Türken, Italiener und Polen geprägt. Eine OK-Gruppierung, die in Deutschland in den letzten Jahren immer wieder für Schlagzeilen sorgt, ist die italienische „Ndrangheta“. In dieser Weise stellt sich die OK, basierend auf den amtlichen Daten, im Hellfeld aus Perspektive der Strafverfolgungsbehörden dar. Das Dunkelfeld ist in diesem Kriminalitätsbereich besonders schwer zugänglich und beruht auf Schätzungen.
 
Schlüsselwörter: Strukturen, Netzwerk, Schaden, international, Kriminalitätsformen, Richtlinien
 
Literatur:
 
- Richtlinien der Justiz- und der Innenminister der Länder über die Zusammenarbeit bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität von 1990, verfügbar unter: http://www.datenbanken.justiz.nrw.de/pls/jmi/jvv_proc_bestand?v_bes_id=1002
- Lageberichte des Bundeskriminalamtes, verfügbar unter: http://www.bka.de/lageberichte/ok.html
- 2. Periodischer Sicherheitsbericht 2006, Kapitel 4.3, verfügbar unter: http://www.bka.de/lageberichte/ps/psb2_kap_4_3.pdf
 

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